Der allseits bekannte Spruch aus der Überschrift warnt eigentlich in den Stationen
der Londoner U‑Bahn davor, versehentlich in die Lücke zwischen Zug und Bahnsteigkante zu treten. Doch in der modernen Welt muss man sich noch vor einem weiteren Gap in Acht nehmen: Dem Gender-Pay-Gap.
Mit dem Begriff bezeichnet man das geschlechtsspezifische Lohngefälle. 2020 verdienten Frauen durchschnittlich 18 % weniger brutto je Stunde als Männer, meldete das Statistische Bundesamt (Destatis) im März 2021. Das ist nicht nur ungerecht und hat Auswirkungen auf das Hier und Jetzt der betroffenen Frauen, sondern auch auf deren Zukunft, denn: Auf den Gender-Pay-Gap folgt der „Gender-Pension-Gap“ – die daraus resultierende Ungleichheit beim Rentenbezug, der nicht wenigen Frauen Sorgen im Alter beschert. Es ist ein Skandal, und die offiziellen Zahlen sollten uns Frauen unbedingt motivieren, uns mehr mit der eigenen Altersvorsorge auseinanderzusetzen und etwas dafür zu tun. Doch wir können schon früher ansetzen, denn: Je mehr Frau im Job verdient, desto mehr zahlt sie auch in die Rente ein. Es gilt also, sich den Gender-Pay-Gap vorzunehmen und diesem entgegen zu treten.
Destatis weist darauf hin, dass es sich bei dem genannten Wert von 18 % um den unbereinigten Gender-Pay-Gap handelt. Beim unbereinigten Gender-Pay-Gap wird die Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttoverdiensten von Frauen und Männern (ohne Sonderzahlungen) gebildet. Dabei fließen in die Berechnung des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes nicht nur Angaben von Vollzeitbeschäftigten ein, sondern es werden auch die Verdienste von Arbeitnehmern in Teilzeit, von geringfügig Beschäftigten sowie Auszubildenden und Praktikanten berücksichtigt. Aussagen zum Unterschied in den Verdiensten von weiblichen und männlichen Beschäftigten mit gleichem Beruf, vergleichbarer Tätigkeit und äquivalentem Bildungsabschluss sind damit nicht möglich.
Prof. Dr. Christina Bannier, Professorin für Banking & Finance im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen, hält die Zahlen durchaus für valide, warnt aber vor einer falschen Interpretation: „Wichtig ist, dass man bei einer Berechnung Vollzeitäquivalente vergleicht. Das klingt zunächst einfach, ist es aber nicht, weil viele Frauen eben in Teilzeit arbeiten und das noch dazu in bestimmten Branchen besonders stark“.
Nur der bereinigte Gender-Pay-Gap erlaubt Aussagen zur Höhe des Unterschieds im Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern mit vergleichbaren Eigenschaften. Bei diesem wird nämlich der Teil des Verdienstunterschieds herausgerechnet, der auf strukturellen Unterschieden wie Ausbildungsgrad, Beruf, Qualifikation oder Arbeitserfahrung beruht. Denn: Deutsche Frauen arbeiten Untersuchungen des Deutschen Wirtschaftsinstitutes zu Folge überdurchschnittlich oft in Berufen, die schlechter bezahlt sind, sie arbeiten häufiger Teilzeit und machen seltener Karriere all das spielt eine Rolle. Mit dem Ergebnis, dass der bereinigte Gender Pay Gap – also der eigentliche Indikator für Diskriminierung – deutlich niedriger ausfällt: In Deutschland liegt er Destatis zu Folge bei sechs Prozent. Das aber zeigt, dass die Ungerechtigkeit bei der Bezahlung zwar geringer ist, als auf den ersten Blick angenommen, dass es aber die oft die grundsätzlichen Voraussetzungen von Frauen sind, die diese Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt mit sich bringen – die Diskriminierung setzt also deutlich früher an.
Doch woran liegt es eigentlich, dass Frauen 2020 im Durchschnitt immer noch weniger verdienten als Männer? „Es ist vor allem der Tradition geschuldet“, sagt Bannier. Traditionen aufzubrechen, sei ein langwieriger Prozess. Sie selbst habe schon Sätze gehört wie ‚Für eine Frau verdienen Sie doch gut‘ oder ‚Soviel wie Ihr Mann werden Sie natürlich nicht verdienen’, wenn es um Gehaltsverhandlungen gegangen sei. Warum eigentlich?
Bannier vermutet, dass Frauen zu zurückhaltend sind, wenn Gehaltsverhandlungen anstehen. „Frauen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf so wichtig, dass sie lieber beim Gehalt zurückstecken, sich aber ein Entgegenkommen bei flexibleren Arbeitszeiten, Home Office und ähnlichem wünschen. Dummerweise ist das Gehalt aber ein sehr klarer, quantifizierbarer Faktor, den man notfalls als Arbeitgeber auch einklagen kann, während das Versprechen von Flexibilität meist nicht klar und quantifizierbar festzuhalten ist. Im Hinblick auf eine Gehaltstransparenz kann auch das Entgelttransparenzgesetz helfen. 2017 auf Initiative des Bundesfamilienministeriums beschlossen, verleiht das Entgelttransparenzgesetz Mitarbeitern größerer Unternehmen einen Auskunftsanspruch über die Gehälter ihrer Kollegen. Auch auf der Plattform kununu.com, auf der man anonym sein Gehalt melden kann, um mehr Transparenz zu schaffen, kann man überprüfen, ob man gerecht entlohnt wird.
Professor Bannier appelliert hier direkt an uns Frauen: „Viele Frauen unterschätzen ihre Arbeitsleistung und den Wert, den etwa Loyalität im Arbeitsleben hat. Wenn ich eine flexible Position habe und durch meine konstante Arbeitsleistung zeige, dass ich dies zu schätzen weiß, hat das auch einen sehr hohen Wert für den Arbeitgeber und könnte durchaus eine Gehaltserhöhung wert sein“. Viele Frauen kämen gar nicht auf die Idee, ihren Wert diesbezüglich einzuschätzen und nach einer Gehaltserhöhung zu fragen“. Es ist also immer wichtig, sich seinen eigenen Wert bewusst zu machen.
Für die nächste Gehaltsverhandlung hat sie einen wertvollen Tipp: „Es ist immer gut, so zu verhandeln, als würde man für eine andere, einem nahestehende Person die Verhandlung führen. Oft ist man für sich selbst zu bescheiden oder auch einfach zu blind, die eigenen Stärken richtig hervorzuheben. Versucht man, sich selbst wie eine dritte, externe Person zu beurteilen, fällt einem das viel leichter: Man ist persönlich-emotional nicht so involviert und flexibler in der Verhandlung. Daher fällt das Ergebnis oft besser aus“.
Der Tipp der Bad Nauheimer Coachin Anna Schoppa fällt anders aus. Schoppa war vor ihrer Selbstständigkeit lange Zeit als Führungskraft und Personalentwicklerin im internationalen Umfeld bei einem großen Tourismuskonzern tätig. Schoppa empfiehlt ihren Klientinnen, sich auf ein Jobgespräch oder eine Gehaltsverhandlung bestmöglich vorzubereiten – vor allem inhaltlich und sachlich. Es sei vor allem wichtig, sich der eigenen Qualifikation und somit des eigenen Stellenwertes bewusst zu werden und das auch auszudrücken. „Es ist gar nicht so, dass Männer besser verhandeln“, weiß sie aus ihrer Zeit im Recruiting, „es ist eher so, dass für Männer eine gewisse Bezahlung selbstverständlicher ist als für die meisten Frauen“. Diese müssten lernen, selbstbewusster an das Thema ranzugehen. Sie empfiehlt, persönliche Themen wie etwa Familie nicht nur außen vor zu lassen, sondern auch aus dem eigenen Kopf zu verbannen und das eigene Mindset entsprechend zu programmieren. „Es ist besser, sich nur auf die Sache zu konzentrieren, denn jedes Gefühl steuert das eigene Verhalten und kann damit zum Nachteil werden“.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Verdienstabstand von Männern und Frauen bis zum Jahr 2030 auf 10 % zu senken. Seit 2011 macht auch einmal jährlich am 18. März der Equal Pay auf die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen aufmerksam. Der Equal Pay Day ist international und findet in 100 Ländern statt. Das ist dringend notwendig, denn der Gender-Pay-Gap hat massive Auswirkungen auf die Absicherung von Frauen im Alter. Denn je nachdem, welche Quelle man nutzt, macht der Rentenunterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland zwischen 37 und 46 Prozent aus.
Die OECD attestierte Deutschland für das Jahr 2018 gar den größten „Gender-Pension-Gap“ unter den OECD-Staaten, bei Eurostat landete Deutschland auf Platz 6. Die Gründe für den Gender-Pension-Gap sind vielfältig – diese wollen wir hier erläutern und dort auch zahlreiche wertvolle Tipps geben, was Frau für ihre Rente und ihre Altersabsicherung tun kann.
Redakteurin, Coach und Eventmanagerin; Inhaberin von SG Events & Medien
Kinder, Jugend & Familien Coach
Professorin für Banking & Finance im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Justus-Liebig-Universität Gießen
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