Seien wir mal ehrlich: Wer von Euch hat sich mit 20 Gedanken über die Rente gemacht? Oder mit 30? Mit 20 ist man entweder noch mitten im Studium oder gerade mit der Ausbildung fertig und Berufseinsteiger. Mit 30 ist man mitten im Leben – und hat oftmals bereits Kinder und Familie. Man lebt, man genießt, man lernt. Ans Alter denkt man meistens nicht. Ich bin jetzt knapp 40, mitten im Leben und quirlig wie immer, aber ich merke schon, dass mir nicht alles so leicht fällt wie vor 20 Jahren. Mein Fokus fängt an, sich zu ändern.
Erstmals wirklich Gedanken über das Thema gemacht habe ich mir vor drei Jahren – als ich meine Selbstständigkeit von einer freiberuflichen auf eine gewerbliche Tätigkeit umgestellt habe und die Versicherung über die Künstlersozialkasse aufgeben musste. Welche Art von Rentenversicherung ist denn für mich überhaupt sinnvoll und passend? Welche bezahlbar? Und wie behalte ich meine bisher erworbenen Rentenansprüche? Das waren Fragen, mit denen ich mich damals auseinandergesetzt habe. Umso überraschender kam für mich die Aussage meines Versicherungsmaklers: „Sie stehen da durchaus besser da als so manch andere in ihrem Alter“.
„Tatsächlich glauben rund 90 Prozent, sie seien in Sachen Altersabsicherung super aufgestellt“, berichtet Kyra Schneider-Naumann, Vertriebscoach und Sozialberatung der R+V Allgemeine Versicherungs AG in Gießen aus ihrem Arbeitsalltag. Wenn man da dann genauer hinschaue, sei das vor allem bei uns Frauen oft mitnichten so. Damit wir auch verstehen, warum, und was wir tun müssen, erklärt uns Kyra Schneider-Naumann noch einmal anschaulich das deutsche Rentensystem. „Das Rentensystem ist ein Punktesystem – ähnlich wie Bonuspunkte etwa bei Payback." Während man bei Payback Punkte pro ausgegebenem Euro sammelt, sammelt man mit jedem Arbeitsjahr auch Rentenpunkte. Jeder Rentenpunkt bringt einem dann etwa 34 Euro Rente pro Monat. Das System hat aber einen Haken: Einen vollen Rentenpunkt bekommt man erst ab einem Jahreseinkommen von ca. 40.000 Euro. „Welche Frau hat das schon?“ sagt Schneider-Naumann. Wir Zukunftsplaner*innen wissen es ja schon: Frauen stehen finanziell oft schlechter da als Männer, sie arbeiten auf Grund der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie seltener in Vollzeit und werden oft schlechter bezahlt. Zwar könne man auch Ausbildungs‑, Studien- und Erziehungszeiten anrechnen bei der Rente, ebenso wie Zeiten, in denen Angehörige gepflegt wurden, gerade bei Erziehungszeiten sind aber maximal drei Jahre pro Kind möglich. Wer länger zu Hause bleibt, um der Care-Arbeit nachzukommen, hat schlichtweg Nachteile.
Eine verheiratete Frau mag sich vielleicht über ihren Mann gut abgesichert fühlen. „Aber was ist, wenn irgendwann eine Trennung ansteht?“ sagt die R+V‑Beraterin. „Das kann ganz schnell schief gehen“. Schneider-Naumann empfiehlt daher, sich rechtzeitig abzusichern und immer genau zu wissen, wie man dasteht. Zum einen ist es wichtig, die jährliche Renteninfo gut zu lesen und sicher aufzubewahren, zum anderen empfiehlt sich eine Kontoklärung bei der Deutschen Rentenversicherung (das PDF dazu kannst dir hier herunterladen). Diese Kontoklärung dient dazu, Rentenlücken zu entdecken und eben Ausbildungs- und Erziehungszeiten richtig anerkennen zu lassen. „Das ist tatsächlich ein bisschen Aufwand“, räumt Schneider-Naumann ein, „aber der Aufwand zahlt sich definitiv aus“. Hat man sein Konto geklärt, geht es an die persönliche Analyse: Reicht mir das Geld? Komme ich damit im Alter aus? Oder muss ich noch was tun? „Befragt man die Kunden, ist die Antwort eigentlich immer dieselbe: ‚Es soll mir im Alter nicht schlechter gehen als jetzt‘“, sagt die Expertin. Sprich: Wie viel Rente man „braucht“, hängt von verschiedenen persönlichen Faktoren ab wie dem eigenen Lebensstandard. „Ihren Lebensstandard möchten natürlich alle im Alter auch halten können“.
Erschreckend wenig Frauen sorgen aber bereits entsprechend neben der staatlichen Rente vor. Die Zahl derer, die nicht einmal 50 Euro pro Monat für die eigene Altersvorsorge investiert, liegt einer Erhebung der R+V zu Folge bei knapp 50 Prozent. Nicht immer ist ein knappes Einkommen das Problem, sondern oftmals schlicht Uninformiertheit oder schlichtweg Bequemlichkeit. Eine pauschale Empfehlung, was man zusätzlich fürs Alter tun kann, hat Kyra Schneider-Naumann nicht: „Die Möglichkeiten sind so vielseitig wie die Kunden selbst“. Daher sei es Aufgabe des Bankberaters und/oder Versicherungsberaters, zusammen mit dem Kunden eine vernünftige Bedarfsanalyse zu machen – „was braucht die Kundin? Was möchte sie?“ Das hänge von verschiedensten Faktoren ab wie Einkommen, Risikobereitschaft, Familienstand oder die Liquidität. „Nicht für jede Kundin ist jedes Produkt gleichermaßen geeignet“. Für die eine sei vielleicht eine staatlich geförderte Rente wie Riester gut, für andere käme vielleicht ein fondsgestütztes Modell in Betracht. Wieder andere sparen Vermögen an. „Ermittelt mit eurem Bankberater zusammen zunächst euren Vorsorgestatus und schließt daran eine umfassende Bedarfsanalyse an“. Auch wieder etwas, das Zeit kostet, sich aber letzten Endes auszahlt: In barem Geld!
Also Mädels, ihr wisst jetzt, was zu tun ist. Wenn euch mal langweilig ist, sucht doch schon einmal die Unterlagen für eine Kontoklärung zusammen: Studienbuch, Zeugnisse, Geburtsurkunden eurer Kinder. Und dann ran an den Speck, äh, die Rente. Macht euch nicht abhängig von den Männern in eurem Leben. So schön es zur Zeit auch sein mag – nichts ist für die Ewigkeit. Nehmt eure Zukunft selbst in die Hand!
Redakteurin, Coach und Eventmanagerin; Inhaberin von SG Events & Medien
Vertriebscoach und Sozialberatung der R+V Allgemeine Versicherungs AG
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